Universität Bonn

Fünfte Bonner Mathenacht


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© HCM

Wann: 29. April 2022, 15 - 24 Uhr
Wo: In Ihrem Wohnzimmer - oder wo immer Sie wollen!
Wie: virtuell, per Zoom-Videokonferenz

Zum bereits fünften Mal bieten wir vom Hausdorff Center eine virtuelle Mathenacht an. In anschaulichen Workshops für Kinder und Jugendliche (aber gerne auch interessierte Erwachsene!) und Vorträgen "für alle" möchten wir Euch und Ihnen zeigen, wie vielfältig und faszinierend Mathematik ist. Eine Talkrunde über die Formalisierung der Mathematik und maschinengestützte Beweisverfahren thematisiert aktuelle Entwicklungen der Mathematik. Unterhaltsam sollen Chancen, aber auch Grenzen aufgezeigt und die zukünftige Rolle von Mathematiker*innen durchleuchtet werden. Die Teilnahme an der Bonner Mathenacht ist wie immer kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wir freuen uns auf Euch und Sie!


Programm

Uhrzeit Titel Dozent*in Details
15:00 Uhr Kryptographie: Caesar- und Vigenère-Verschlüsselung Jaqueline Jansen Wir steigen sanft in das Thema Verschlüsselung ein und widmen uns einem Verschlüsselungsverfahren, das Julius Caesar während seiner Feldzüge eingesetzt haben soll. Auch lernen wir eine späteren Erweiterung kennen, den Vigenère-Chiffre. Gemeinsam werden wir mit diesen Verfahren Nachrichten ver- und entschlüsseln und überlegen, welche Schwächen die Verfahren haben. Dieser Workshop richtet sich an alle, die noch nicht so vertraut mit dem Thema Kryptographie sind.
16:00 Uhr Das Haus vom Nikolaus - eine erste Einführung in die Graphentheorie Franziska Birker, Elisabeth Reinermann Manche Figuren kann man "in einem Zug" zeichnen, andere nicht. Wann geht es, wann nicht und wann spielt der Anfangspunkt eine Rolle? Wir gehen diesen Fragen nach und finden allgemeine Regeln. Danach betrachten wir das Königsberger Brückenproblem. Leonhard Euler stellte 1736 die Frage, ob es einen Rundgang durch Königsberg gibt, bei dem jede der sieben Königsberger Brücken genau einmal überquert wird. Mit den vorherigen Erkenntnissen findet ihr selbst die passende Antwort.
17:00 Uhr Rechentricks Christian Hollmann, Julia Rötten Ihr wolltet schon immer mal ähnlich schnell rechnen wie euer Taschenrechner? Und welcher Wochentag war eigentlich der 14. März 1879? In diesem Workshop beschäftigen wir uns mit verschiedenen Rechenmethoden. Dabei schauen wir uns an, wie eigentlich vor der Erfindung von Taschenrechnern multipliziert worden ist. Und auch das Ausrechnen von Quadratzahlen im nächsten hilfsmittelfreien Teil einer Klausur kann man abkürzen. Zum Schluss fragen wir uns noch, wie man herausfinden kann, an was für einem Wochentag ein beliebiges Datum lag. Ihr benötigt: Stift, Papier und 20 Münzen/Knöpfe/Kronkorken o.Ä.
18:00 Uhr Wer gewinnt? Wie man mit Mathematik das Gegenüber austrickst Dr. Regula Krapf Kombinatorische Spiele sind Zweipersonenspiele ohne Zufall, bei denen beide Spieler*innen nacheinander spielen und die Züge des Gegenübers kennen. Ein typisches Beispiel ist das Nim(m)-Spiel, bei dem einige Haufen von Streichhölzern gegeben sind und die Spieler:innen abwechselnd in ihrem Spielzug eine beliebige Anzahl Streichhölzer vom selben Haufen wegnehmen. Wer das letzte Streichholz zieht, gewinnt. In diesem Vortrag werden wir gemeinsam Gewinnstrategien für das Nim(m)-Spiel und weitere kombinatorische Spiele entwickeln. Wir werden zeigen, dass es bei jedem kombinatorischen Spiel ohne Unentschieden eine Gewinnstrategie gibt und wenden dies aufs Schach an. Zum Abschluss betrachten wir auch Spiele mit unendlicher Dauer. Gibt es auch für solche Spiele immer eine Gewinnstrategie?
19:00 Uhr Formalisierung der Mathematik - Wann führen Computer die Beweise? Talkrunde mit
Prof. Dr. Erika Abraham (RWTH Aachen),
Prof. Dr. Peter Koepke (Mathematisches Institut, Universität Bonn),
Prof. Dr. Michael Kohlhase (Universität Erlangen-Nürnberg),
Prof. Dr. Peter Scholze (Max-Planck-Institut für Mathematik und Mathematisches Institut, Universität Bonn),
moderiert von Dr. Thoralf Räsch
Mathematiker*innen beweisen ihre Theoreme in der Regel zwar exakt, aber nicht im strengen Sinne formal. Kleinere Beweissprünge oder intuitiv vorgetragene Argumente in längeren Beweisen sind üblich. Ob ein Beweis korrekt ist und ob ein mathematischer Satz als bewiesen gilt, entscheidet die Forschungsgemeinschaft heutzutage durch Peer-Review-Verfahren, also letztendlich durch einen Konsens. Hierbei besteht prinzipiell die Möglichkeit von Fehleinschätzungen. Informelle Beweise lassen sich jedoch in formale Beweise umformen. Ein formaler Beweise beginnt mit Axiomen und leitet aus diesen die Behauptung ab, wobei jeder Schritt der Beweisführung die Anwendung einer genau definierten logischen Regel ist. Solche Beweise können von Computern auf Korrektheit überprüft werden. Außerdem können Computer selbst formale Beweise erzeugen und damit möglicherweise auch interessante Resultate automatisch beweisen. Utopisch erscheint es längst nicht mehr, dass dies zum Standard wird. Gerade in jüngster Zeit hat sich das Feld sehr dynamisch entwickelt; wir stehen kurz vor einer Schwelle in ein neues Zeitalter der mathematischen Beweisführung. Selbst hochkomplexe Aussagen lassen sich mittlerweile formalisieren, wie am "Liquid Tensor Experiment" gezeigt wurde. Diese hatte Peter Scholze seinen Kolleg*innen als Herausforderung gestellt. Er wird über das Ergebnis in der Talkrunde berichten. Was sind die Konsequenzen dieser Entwicklung? Akzeptiert die mathematische Community tatsächlich einen solchen Paradigmenwechsel? Welche Rolle nehmen dann noch Mathematiker*innen ein? In der Talkrunde werden wir uns mit solchen Fragestellungen beschäftigen, den Stand der Forschung präsentieren und über weitere Entwicklungen diskutieren.
20:00 Uhr Definitionen und Funktionen und das Russellsche Paradoxon Prof. Dr. Christoph Thiele Das Russellsche Paradoxon ist ein unbequemes Phänomen der Logik, das bei Selbstbezug von Aussagen auftritt. Um es mathematisch klar zu verstehen, braucht man als Referenz ein genaues Regelwerk für mathematische Aussagen. In dem Vortrag behandeln wir grundlegende Begriffe der Mathematik wie Definitionen und Funktionen, sowie Gleichungen, Negation und Quantoren. Daraus entwickeln wir ein einfaches formales Kalkül, mit dem wir das Russellsche Paradoxon in leicht aber unwesentlich modifizierter Form formulieren und beweisen. Mehr dazu findet man unter https://arxiv.org/abs/1706.08905.
21:00 Uhr Graphähnlichkeit für die Algorithmische Datenanalyse Prof. Dr. Petra Mutzel Graphalgorithmen haben zunehmende Bedeutung bei der Analyse von Daten, die eine Netzwerkstruktur besitzen oder als solche modelliert werden können. Beispiele für solche Analyseaufgaben sind die Suche in Moleküldatenbanken oder die Analyse sozialer Netzwerke. Hierbei spielt die Ähnlichkeit von Graphen eine zentrale Rolle. Doch wann sind sich zwei gegebene Graphen ähnlich? Dieser nicht ganz einfachen Frage gehen wir im Vortrag nach. Wir lernen verschiedene Ähnlichkeitskonzepte für Graphen kennen, die bei Analyseaufgaben für vernetzte Daten relevant sind. In einigen Ansätzen spielt auch das klassische Problem der Graphisomorphie eine wichtige Rolle.
22:00 Uhr Wer infiziert sich? Prof. Dr. Lena Janys Wie beeinflussen unterschiedliche Faktoren das Infektionsgeschehen in einer Pandemie? Wir haben uns als interdisziplinäres Team die Aufgabe gestellt, sowohl biologische Faktoren wie die Viruslast als auch sozioökonomischen Faktoren wie der Möglichkeit, den Beruf von zuhause aus auszuüben, zu modellieren. Bei der Koco-19 Studie wurden weitreichend Daten von infizierten Individuen erhoben und damit gibt es eine einzigartige Datenquelle, um die oben genannten Probleme gemeinsam zu analysieren. Konkret wollen wir dabei auch spezifische methodische Probleme lösen, wie beispielsweise die Viruslast so zu modellieren, dass bestimmte Eigenschaften der Daten sinnvoll abgebildet werden können. In meinem Vortrag werde ich sowohl die erhobenen Daten vorstellen als auch an dem konkreten Problem der nur beschränkt gemessenen Viruslast die mathematischen Herausforderungen illustrieren.
23:00 Uhr Kondensation von kleinsten Teilchen - die Vorhersagen von Bose-Einstein und was wir beweisen können Prof. Dr. Christian Brennecke Seit gut einem Jahrhundert führt die Quantenmechanik zu Faszination und zu Kopfzerbrechen. Ein Grund dafür ist, dass unsere übliche, klassische Intuition bei der Beschreibung sehr kleiner Objekte, wie z.B. Atomen, ihre Gültigkeit verliert. In einem sogenannten Bose-Einstein Kondensat befinden sich beispielsweise eine extrem große Anzahl von Atomen, typischerweise einige Millionen, gleichzeitig in ein und demselben physikalischen Zustand, und sind völlig ununterscheidbar. Dieses Phänomen wurde bereits vor etwa 100 Jahren von Bose und Einstein vorhergesagt und Ende der 1990er Jahre erstmalig experimentell nachgewiesen. Eine faszinierende Frage der mathematischen Physik besteht darin, ob man dieses Phänomen aus den mikroskopischen Gesetzen der Quantenmechanik mathematisch beweisen kann. Der Vortrag stellt zunächst einige einführende mathematische Konzepte der Quantenmechanik vor und gibt dann einen kleinen Einblick in aktuelle Forschung zur Bose-Einstein Kondensation.


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