Zwischen Simulationstechnologie und Onkologie
Jeder Tumor ist einzigartig: Wie er auf Therapien reagiert, wird von unzähligen Veränderungen in Zellen sowie der Interaktion von Zellen bestimmt. „Behandlungen, die auf die spezifischen Mutationen eines Tumoren zugeschnitten sind, können das Leben von Krebserkrankten verlängern, wenn nicht sogar retten“, sagt Jan Hasenauer vom Life and Medical Sciences Institute (LIMES) der Universität Bonn. Insbesondere neue Immuntherapien bieten einzigartige Möglichkeiten. Die Entscheidung, welche Therapie für die jeweilige Person die richtige ist, basiert bisher auf einfachen statistischen Modellen. Eine zuverlässige Prognose des Therapieerfolgs lässt das aber nicht zu. In dem mit rund 1,9 Millionen Euro geförderten Projekt „INTEGRATE“ entwickelt Hasenauer nun Simulationsmodelle für die Vorhersage von Tumorbehandlungen. Dabei konzentriert er sich auf Brust-, Magen- und Nierenkrebs – die Krebsarten, die fast 30 Prozent der Krebsfälle in Europa ausmachen. Für die Verbesserung von Vorhersagen wird Hasenauer mehr Daten für das Training der Modelle mittels maschinellen Lernens zugänglich machen und die verschiedenen Datensätze miteinander verbinden – ob aus der klinischen Praxis, Studien oder Projekten wie dem Krebsgenomatlas. „Meine Vision umfasst die Erstellung digitaler Zwillinge von Krebspatientinnen und -patienten, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern“, beschreibt Jan Hasenauer seine Ziele.
Jan Hasenauer studierte Technische Kybernetik an der Universität Stuttgart, wo er in Ingenieurwissenschaft auch promovierte. Es folgten Stationen am Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München. Seit 2017 ist er Professor für Mathematik und Lebenswissenschaften an der Universität Bonn und seit 2022 besetzt er eine der hochdotierten Schlegelprofessuren, die im Rahmen der Exzellenzinitiative etabliert wurden. Jan Hasenauer ist Mitglied in den Transdisziplinären Forschungsbereichen „Modelling“ sowie „Life and Health“ und den Excellenzclustern „Hausdorff Center for Mathematics“ sowie „ImmunoSensation2“.
Wechselwirkung zwischen Gleichungen und Formen
„Motivic invariants and birational geometry of simple normal crossing degenerations“ – so heißt das Projekt von Evgeny Shinder vom Mathematischen Institut der Universität Bonn. Der Mathematiker beschäftigt sich mit algebraischer Geometrie, einem Teilgebiet der reinen Mathematik, das die Wechselwirkung zwischen algebraischen Gleichungen und geometrischen Formen untersucht. Im Rahmen seines Projekts entwickelt Evgeny Shinder einen neuen Rahmen für birationale Typen und Invarianten einfacher Normalschemata. Mithilfe diesen neuen Rahmens will Shinder seit Langem bestehende fundamentale Probleme in der algebraischen Geometrie neu angehen. Mit der Förderung über knapp 2 Millionen Euro aus dem ERC Consolidator Grant wird Evgeny Shinder eine Forschungsgruppe aus drei Postdocs und zwei Promovierenden aufbauen. „Ich habe jetzt fünf Jahre Zeit, nur um zu forschen – die werde ich nutzen, um anspruchsvolle Probleme in der algebraischen Geometrie anzugehen“, sagt Evgeny Shinder.
Evgeny Shinder hat 2011 an der Northwestern University im US-amerikanischen Illinois in Mathematik promoviert. Danach ist er als Senior Lecturer an der University of Sheffield gewesen. Im August 2022 ist er als Visiting Researcher an das Mathematische Institut der Universität Bonn gekommen.
ERC Consolidator Grants
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert mit dem ERC Consolidator Grant jährlich exzellente junge Forschende, die eine hohe wissenschaftliche Qualität auf internationalem Niveau vorweisen. Ziel des Grants ist es, unabhängige Forschungsteams aufzubauen und zu festigen. Weitere Informationen gibt es hier.