Die Fresszellen in der Lunge, Alveolarmakrophagen genannt, sind dafür zuständig, die Lunge von Angreifern wie Bakterien oder Viren zu befreien. Sie entstehen während der Schwangerschaft im Embryo, aber auch später aus bestimmten Zellen des Knochenmarks. Während die Zellen aus dem Mutterleib dabei helfen, das Gewebe langfristig zu erhalten, bekämpfen die aus dem Knochenmark gebildeten Fresszellen Entzündungen und heilen Verletzungen im Lungengewebe. Doch inwiefern die unterschiedliche Herkunft dieser Abwehrzellen ihr Verhalten in der Lunge beeinflusst, ist bislang unklar.
Neue Erkenntnisse zur Rolle von Fresszellen in der Lunge
Ana Ivonne Vazquez-Armendariz und Jan Hasenauer, die beide eine Exzellenz-Professur an der Universität Bonn inne haben, entwickeln nun neue Modelle, um das Verhalten der Fresszellen in der Lunge genauer zu untersuchen. Sie gehen der Frage nach, ob sich die Alveolarmakrophagen zufällig oder gezielt bewegen. Zur Untersuchung dieses Verhaltens erschaffen sie ein mathematisches Modell, das auf Versuchen mit „Mini“-Lungen aus dem Labor basiert. Dazu gewinnen die Forschenden Fresszellen verschiedener Herkunft und bringen sie in spezielle Lungensysteme ein, sogenannte 3D-Organoide. 3D-Organoide werden aus Stammzellen hergestellt, das so gezüchtet wird, dass sie die Struktur und Funktionalität eines menschlichen Organs imitieren. Mit modernen Bildverfahren verfolgen Hasenauer und Vazquez-Armendariz darin die Bewegungen der Zellen und untersuchen sie mithilfe des mathematischen Modells. Langfristig könnten ihre Ergebnisse dazu beitragen, die Abwehrprozesse in der Lunge besser zu verstehen.
Der Forschungspreis ist mit bis zu 100.000 Euro dotiert. Antragsberechtigt waren Tandems aus Mitgliedern der TRA „Modelling“ und TRA „Life and Health“. Die Lenkungsausschüsse der beiden TRAs trafen die Auswahl für Prof. Hasenauer und Jun.-Prof. Vazquez-Armendariz gemeinsam. Dabei waren Kriterien wie Innovativität, Transdisziplinarität, wissenschaftliche Qualität und Qualifikation der Antragstellenden sowie das Potenzial des vorgeschlagenen Vorhabens für künftige Verbundforschung ausschlaggebend.
Über die Preisträger*innen
Ana Ivonne Vazquez-Armendariz studierte Klinische Biochemie an der Universität von Nuevo León (Mexiko) und Molekulare Medizin an der Charité Berlin. Sie promovierte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und arbeitete danach als Postdoktorandin am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. 2021 gründete Vazquez-Armendariz am Institut für Lungengesundheit der Universität Gießen ihre erste Forschergruppe als Leiterin. Die dort begonnenen Forschungsarbeiten zu Lungenorganoiden und Krankheitsmodellierung setzt sie als Argelander-Professorin an der Universität Bonn fort. Ihre Forschung wurde bereits in renommierten Fachzeitschriften publiziert und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von der American Thoraric Society. Vazquez-Armendariz ist Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life and Health“ sowie im Exzellenzcluster „ImmunoSensation2“.
Jan Hasenauer studierte Technische Kybernetik an der Universität Stuttgart, wo er in Ingenieurwissenschaft auch promovierte. Es folgten Stationen am Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München. Seit 2017 ist er Professor für Mathematik und Lebenswissenschaften an der Universität Bonn und seit 2022 besetzt er eine der hochdotierten Schlegelprofessuren, die im Rahmen der Exzellenzstrategie etabliert wurden. Jan Hasenauer ist Mitglied in den TRAs „Modelling“ sowie „Life and Health“ und den Excellenzclustern „Hausdorff Center for Mathematics“ sowie „ImmunoSensation2“.